Tresore

Wie würden wir heute unsere persönlichen Wertgegenstände ohne moderne Sicherheitstechnik und Bankschließfächer schützen? Richtig, in einem Tresor! Die Vorgänger moderner Tresore mögen ganz anders ausgesehen und funktioniert haben, aber sie waren für ihre Zeit auf dem neuesten Stand der Technik. Heute gehören diese antiken Safes immer noch zu den komplexesten, sichersten und faszinierendsten Objekten, die jemals geschaffen wurden. Im Gegensatz zu modernen Tresoren, die in Massenproduktion hergestellt werden und Ihre Individualität und Exklusivität verloren haben, sind antike Safes jeweils einzigartige Objekte von großem Charme mit Liebe zum Detail.

Der erste in der Geschichte bekannte Tresor wurde im Grab von Ramses II., Pharao von Ägypten, gefunden. Dieser Tresor aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. bestand aus Holz und hatte ein Verriegelungssystem aus beweglichen Stiften, die in verborgene Löcher fielen. Andere alte Kulturen verwendeten ähnliche Verriegelungsvorrichtungen. Das antike Rom hatte eine geschäftige und robuste Handelswirtschaft, sodass die Kaufleute ein wirksames Mittel brauchten um ihre Waren und Einnahmen vor Diebstahl zu schützen. Dies und die Fortschritte in den metallverarbeitenden Techniken, führte dazu, dass die Römer ein neues Verriegelungssystem erfanden. Sie verwendeten unterschiedlich geformte und große Kerben, die einzigartige Schlüssel für die Öffnung erforderlich machten. Jahrhunderte später lagerten Adlige im mittelalterlichen Europa ihre Wertsachen in Hartholztruhen, die mit Eisenbeschlägen verstärkt waren, was zusätzliche Festigkeit garantierte, aber sie waren immer noch nicht undurchdringlich und sicherlich nicht feuerfest. Wie in so vielen anderen Bereichen war es das Renaissance-Zeitalter, das wahre Innovationen in der Sicherheitstechnik hervorbrachte und wie viele andere Fortschritte dieser Zeit befand sich sein Epizentrum in Italien. Vom 14. bis zum 16. Jahrhundert war Italien ein Zentrum wirtschaftlicher und kultureller Aktivitäten. Der florierende Handel in Städten wie Mailand, Venedig und Florenz machte viele Kaufleute extrem reich, und es entstand ein Bedarf an soliden, großen Wertbehältnissen.

Mit einem Gewicht von über einer halben Tonne, durch dicke Eisenplatten, Eisenbändern, Nieten und massivem Riegel verstärkt, ist dieser italienische Schranktresor aus dem Ende des 17. Jahrhunderts ein gutes Beispiel für damalige Sicherheitstechnik und Unzerstörbarkeit. Durch die komplette Eisen-Ummantelung des Holzkerns, ist dieses Stück feuerfest und befindet sich noch heute in einem perfekt funktionierenden Zustand.  Er hat ein Vier-Schlüssel-Schließmechanismus, und jeder der vier kunstvoll gefertigten Eisenschlüssel ist anders, was bedeutet, dass diese auf bis zu vier Personen aufgeteilt werden konnten, die anwesend sein mussten um ihn zu öffnen. Um dem Diebstahl der Schlüssel vorzubeugen, benötigt man für jedes einzelne Schloss nicht nur den passenden Schlüssel, sondern muss auch Kenntnis des jeweiligen Öffnungstricks oder der Kombination haben. Das erhöhte die Sicherheit um ein vielfaches.

Viele dieser frühen Tresore wurden von Kirchen in ihren Sakristeien verwendet, um Weihrauch, Reliquien, Kirchenbücher und andere Wertsachen zu schützen. Sie wurden aber auch von wohlhabenden Einzelpersonen, Kauf- und Geschäftsleuten, Notaren und in öffentlichen Gebäuden verwendet, um Geld, Schmuck und wichtige Dokumente aufzubewahren. Tresore mit mehreren Schlüsseln waren für Geschäftspartner und Nachlassverwalter äußerst nützlich, da dies bedeutete, dass jeder Partner oder Erbe einen anderen Schlüssel besaß und die Anwesenheit aller erforderlich war um den Tresor zu entsperren.

Anfang des 19. Jahrhundert wurden Tresore immer stärker nachgefragt. Der aus Frankreich stammende Empirestil hatte großen Einfluss auf die Optik der modernen Einrichtungsgegenstände dieser Zeit. Auch die Außenansicht der Tresore in dieser Epoche wurde üppiger, mit vielen dekorativen Elementen und Messingteilen geschmückt. Diese Kunstwerke standen nun immer öfter auch in privaten Haushalten und sollten Besuchern den eigenen Status und Reichtum verdeutlichen. In Norditalien entstanden erste Manufakturen, vor allem zwischen Mailand und Turin, die in der Lage waren 2 bis 3 Tresore im Monat für Ihre reichen Kunden individuell herzustellen. Die Herausforderung sich immer wieder neue raffinierte Öffnungstricks und Kombinationen einfallen zu lassen machte inzwischen einen Großteil des Fertigungsaufwands aus. In dieser Zeit entstanden Trickreihenfolgen denen man als Zuschauer einer Tresoröffnung kaum mehr folgen kann. Man könnte glauben selbst Opfer eines Tricks geworden zu sein.

Reich geschmückte und kunstvoll gearbeitete Zierelemente, teilweise in poliertem Messing. Von Pilastern auf vorgesetzten Basen flankiert und mit exzellenter Schlosstechnik. Ein perfektes Beispiel für einen prunkvollen Tresor im Empirestil. Durch einen Drei-Schlüssel-Schließmechanismus und fünf verschiedene Öffnungstricks gesichert. Einmal komplett abgeschlossen wird die Öffnung trotz vorhandener Schlüssel zum komplizierten und langwierigen Prozess, der so manchen Einbrecher wohl zur Verzweiflung getrieben hätte. Das Gewicht ist aufgrund des Holzkerns für einen Geldschrank eher gering. Dadurch wurde aber bewusst der Transport an den Zielort erleichtert. Im Anschluss konnte man den Tresor im Boden oder an der Wand befestigen um ihn zu sichern. Der Sockelbereich konnte zusätzlich mit Bleibarren ausgelegt werden um das Gewicht deutlich zu erhöhen. 

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in vielen europäischen Ländern nur noch Stahlschränke mit feuerfester Wandfüllung in großen Stückzahlen hergestellt. Die Industrie boomte in vielen Teilen Europas, sodass der Handel auf dem gesamten Kontinent expandierte. Diese Faktoren führten zu großen Gewinnen, sowohl bei den Firmen als auch bei Einzelpersonen, was ein Mittel zum Schutz dieser Vermögenswerte erforderte. Der Transport von Gütern mit dem Zug, der Kutsche oder dem Schiff war üblich, aber es gab potenzielle Verluste durch Diebstahl, Feuer und schlechtes Wetter zu berücksichtigen. Tresore dieser Zeit waren sehr schwer aber noch tragbar und reisten oft mit Geschäftsleuten mit um Bargeld und ihre wertvollsten Güter zu sichern. Tresore waren nun in vielen Bereichen anzutreffen und nicht mehr wegzudenken. Sie wurden immer schlichter und zweckmäßiger, fast schon unauffällig und schüchtern.

Die Wirksamkeit sowohl moderner als auch antiker Tresore ist untrennbar mit der Komplexität ihrer Verriegelungsmechanismen verbunden. Frühe Hersteller waren äußerst geschickt darin, neue und erfinderische Wege zur Sicherung von Wertsachen zu entwickeln. Versteckte Schlüssellöcher, mehrere Schlüssel, knifflige Kombinationen und andere Geheimnisse sind ein häufiges Thema unter antiken Tresoren. Einer der faszinierendsten Aspekte dieser alten Stücke ist die Tatsache, dass viele keine Hinweise darauf geben, wie sie aufgrund ihres Äußeren auf ihr Inneres zugreifen können.